Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz hat der Gesetzgeber zum 01.01.2017 die Richtgrößenprüfung im Arznei- und Heilmittelbereich als bundesgesetzliche Vorgabe durch regionale Vereinbarungen ersetzt. In den KV-Bezirken sind daraufhin ganz unterschiedliche Prüfmethoden vereinbart worden. Während in einigen Bezirken an der Richtgrößenprüfung festgehalten wird, teilweise in modifizierter Form (sog. Richtwertprüfung in Baden-Württemberg und Brandenburg), geht der Bundestrend zur Vereinbarung von Wirkstoffprüfungen (Quotenprüfungen, Zielfeld-/Zielwertprüfungen), in denen nicht mehr die Gesamtkosten der Verordnungen im Vordergrund stehen, sondern die Erfüllung von vereinbarten Quoten maßgeblich ist (z.B. Leitsubstanzquoten, Generikaquoten, Zielerreichung der Vorgaben des KBV-Medikationskatalogs).
In Berlin sind die Gesamtvertragspartner nun nach langen Verhandlungen zur Durchschnittswertprüfung zurückgekehrt, die vor Einführung der Richtgrößenprüfung die Regelprüfmethode war.
Nachteilig für die Ärztinnen und Ärzte ist bei der Durchschnittsprüfung vor allem, dass die maßgeblichen Vergleichswerte (durchschnittliche Verordnungskosten der Fach- oder Vergleichsgruppe) naturgemäß erst nach Ende des Prüfjahres feststehen. Der Arzt befindet sich also im Verordnungsjahr sozusagen im „Blindflug“. Die bis zum 31.12.2019 in Berlin geltenden Richtgrößen mussten dagegen vor Beginn des Verordnungsjahres vereinbart und veröffentlicht werden, d.h. unter Richtgrößenregime war zum Jahresbeginn das „Arzneimittelbudget“ bekannt. Ein Vorteil der Durchschnittswertprüfung ist, dass eine größere Abweichung erlaubt ist (Richtgrößenprüfung: 125 %; Durchschnittswertprüfung: 140 %).
Auch in der Durchschnittswertprüfung sind Praxisbesonderheiten sind zu berücksichtigen. Dies sind objektive Gegebenheiten, welche für die Vergleichsgruppe von der Art oder dem Umfang her atypisch sind und kausal einen höheren Behandlungsaufwand und/oder erhöhte Verordnungskosten hervorrufen. Sie sind regelmäßig durch eine bestimmte Patientenstruktur charakterisiert. Es ist wichtig, dass Praxisbesonderheiten allerspätestens im Widerspruchsverfahren vollständig benannt werden. Ein Vorbringen erst im Klageverfahren kann als verspätet zurückgewiesen werden.
Dr. Jan Moeck