In Deutschland wurden bereits bis Mitte April 2021 ca. 15.000 Teststellen für Corona-Tests eingerichtet, die Zahl der Schnelltests dürfte jedenfalls 15-20 Millionen monatlich betragen (vgl. hier). Absehbar werden die Kostenträger die Abrechnungen hinterfragen:
Soweit Personen mit Testanspruch nach der Coronavirus-Testverordnung (TestV) getestet werden, rechnen die Testzentren ihre Leistungen mit der Kassenärztlichen Vereinigung ab. Das betrifft neben der eigentlichen Leistungsvergütung auch die Erstattung von Sachkosten für Test-Kits. Erstattet werden die „entstandenen Beschaffungskosten, und zwar bis zum 31. März 2021 höchstens 9 Euro je Test und ab dem 1. April 2021 höchstens 6 Euro je Test“ (§ 11 TestV). Das bedeutet freilich nicht, dass ein Testzentrum stets Anspruch auf Erstattung von 9 bzw. 6 Euro je Test hat. Es gilt nämlich das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 SGB V. Danach dürfen unwirtschaftliche Leistungen von den Leistungserbringern nicht bewirkt werden. Bei den Testzentren dürfte es sich um Leistungserbringer in diesem Sinne handeln, denn sie werden auf Grundlage der TestV tätig, die wiederum auf § 20i SGB V basiert. Die Norm bestimmt, dass der Bundesgesundheitsminister per Verordnung Einzelheiten festlegen darf u.a. zu den berechtigten Leistungserbringern sowie zur Abrechnung ihrer Leistungen und Kosten (§ 20i Abs. 3 Satz 13 SGB V).
Jedes Testzentrum, das danach von der jeweils landesrechtlich zuständigen Stelle des öffentlichen Gesundheitsdienstes beauftragt wird, ist also Leistungserbringer in diesem Sinne, so dass für sie § 12 SGB V gilt. Konkret führt das dazu, dass jedes Testzentrum die Pflicht hat, die Test-Kits zu den aktuell möglichst günstigsten Bedingungen einzukaufen. Beschafft man sich die Test-Kits zu 6 Euro, obwohl der Marktpreis bei 2 Euro liegt, besteht – wegen des Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot - kein Anspruch auf Kostenerstattung. Es besteht sogar die Gefahr, dass insoweit der richterrechtlich entwickelte Begriff des „normativen Schadens“ Anwendung findet. Dann besteht in solchen Fällen noch nicht einmal ein Anspruch auf Erstattung des Marktpreises. Und wer wissentlich überhöhte Kosten abrechnet, muss mit strafrechtlichen Ermittlungen wegen Betrugs rechnen. Der Bundesgerichtshof geht nämlich davon aus, dass ein Leistungserbringer mit seiner Abrechnung gegenüber dem Kostenträger erklärt, dass er damit nur die wirtschaftlichen Kosten in Rechnung stellt – und nicht etwa unwirtschaftliche.
Die Frage, ob der Einkauf der Testkits bei Vertriebsgesellschaften, die zwischen Hersteller und Testzentrum eine Marge erzielen, dazu führt, dass die Abrechnung gegenüber der KV als unwirtschaftlich bewertet wird und keine Kostenerstattung erfolgt, ist anhand des Einzelfalls zu prüfen. Das erscheint empfehlenswert: Wir gehen davon aus, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen angesichts eines Einspar- bzw. Regresspotentials von mehreren hundert Millionen Euro Prüfungen durchführen werden (bzw. sogar müssen).
Torsten Münnch | Dr. Thomas Willaschek