Die Empörung war groß, nachdem die Rahmenvorgabe zur Wirtschaftlichkeitsprüfung durch den GKV-Spitzenverband mit Wirkung zum 31.10.2021 aufgekündigt wurde. Schließlich konnten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband erst ein Jahr zuvor nach zähem Ringen auf eine gemeinsame Rahmenvorgabe für die Wirtschaftlichkeitsprüfung einigen, die das Regressrisiko für Vertragsärzte verringern und ihnen Erleichterungen bei einer Wirtschaftlichkeitsprüfung verschaffen sollte. Die Aktualisierung der Rahmenvorgabe war insbesondere aufgrund des im Jahr 2019 in Kraft getretenen Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) notwendig geworden. So sieht das Gesetz unter anderem vor, dass bei Regressen für verordnete Leistungen nicht mehr die gesamten Kosten der als unwirtschaftlich erachteten Leistung erstattet werden müssen, sondern nur noch der Differenzbetrag zwischen un-wirtschaftlicher und wirtschaftlicher Leistung (sog. Differenzmethode). Darüber hinaus wurde auch die Ausschlussfrist zur Durchführung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung von 4 auf 2 Jahre verkürzt. Da die Rahmenvorgabe jedoch immer häufiger durch einzelne Krankenkassen unterlaufen wurde, kam die Kündigung des GKV-Spitzenverband nicht ganz unerwartet. Doch was bedeutet dies für den einzelnen Vertragsarzt?
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 der Rahmenvorgabe ändert sich erst einmal nichts. So gilt die aktuelle Vereinbarung fort, bis sich die KBV und der GKV-Spitzenverband auf eine neue –geschiedste oder einvernehmlich getroffene– Rahmenvorgabe verständigen. Trotz dieser klaren Regelung darf bezweifelt werden, ob sich die Krankenkassen weiterhin mehrheitlich an die Rahmenvorgabe halten werden, nachdem bereits vor der Aufkündigung gegen diese verstoßen wurde. In der Folge dürfte die Unkalkulierbarkeit eines Regressrisikos für den Vertragsarzt in Zukunft wieder erheblich zunehmen. Im Falle einer Wirtschaftlichkeitsprüfung sollte auf die gesetzlichen Vorgaben, insbesondere die Anwendung der Differenzmethode geachtet werden, auch wenn diese in den regionalen Prüfvereinbarungen nicht vorgesehen ist.
ALEXANDER MEYBERG