Der Regierungsentwurf des Verbandssanktionengesetzes vom 16. Juni 2020 hat im Vergleich zum Referentenentwurf aus dem Herbst des Vorjahres eine Änderung erfahren, die große Bedeutung für Krankenhäuser haben könnte: Anders als bisher sollen nämlich Verbände nur dann dem Anwendungsbereich des VerSanG unterfallen, wenn ihr „Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet“ ist. Diese Einschränkung könnte dazu führen, dass auf zahlreiche Krankenhäuser das zukünftige VerSanG von vornherein gar nicht anwendbar ist. Diesen Häusern blieben damit die drakonischen Sanktionen erspart, die das VerSanG für Verbandstaten vorsieht, u.a. Geldbußen in Höhe von bis zu 10% des (konzernweiten) Jahresumsatzes.

Wann aber ist der Zweck eines Krankenhauses auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet? Die Gesetzesbegründung verweist hierzu auf die Rechtsprechung zur Abgrenzung von ideellen und wirtschaftlichen Vereinen. Hiernach kann ein Verein sich unternehmerisch betätigen und gleichwohl ein nichtwirtschaftlicher Verein sein, solange die unternehmerischen Aktivitäten lediglich Hilfsmittel zur Erreichung des ideellen Hauptzwecks und diesem untergeordnet sind. Ein wichtiges Indiz stellt dabei die Anerkennung als gemeinnützig dar.

Für die Krankenhauslandschaft würde das bedeuten, dass Häuser in freigemeinnütziger Trägerschaft nicht dem VerSanG unterfallen. Und auch mit Blick auf Krankenhäuser in öffentlicher Trägerschaft ließe sich argumentieren, dass diese ihrem Hauptzweck nach auf die Gewährleistung der öffentlichen Daseinsvorsorge und jedenfalls nicht primär auf die Erwirtschaftung von Gewinnen gerichtet sind. Damit würden fast 2/3 der Krankenhäuser von vornherein nicht dem VerSanG unterfallen.

Die Begründung für diese Ungleichbehandlung? Der Regierungsentwurf ist der Auffassung, dass gerade die gewinnorientierte Betätigung in einem „von Konkurrenz geprägten Markt“ ein erhöhtes Risiko berge, dass Mitarbeiter von Unternehmen Straftaten begehen. Dagegen seien Verbände, die nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet seien, regelmäßig in hohem Maße durch ehrenamtliches Engagement gekennzeichnet.

Das Anliegen, die Reichweite des VerSanG zu begrenzen, ist grundsätzlich zu begrüßen. Die im Regierungsentwurf vorgesehene Einschränkung führt aber dazu, dass von Größe und Umsatz vergleichbare und auf demselben Markt miteinander konkurrierende Krankenhäuser unterschiedlichen Sanktionsregeln (VerSanG vs. OWiG) unterworfen sind.

Mittlerweile liegen Vorschläge auf dem Tisch, die den Anwendungsbereich sinnvoller einschränken: Der Münchner Entwurf eine Verbandssanktionengesetzes nimmt etwa u.a. Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, soweit sie in Ausübung hoheitlicher Befugnisse tätig werden, gemeinnützige Stiftungen mit einem Stiftungsvermögen unter 5 Mio. Euro, nicht wirtschaftliche Vereine mit einem Vereinsvermögen unter 2 Mio. Euro, sowie kleinere wirtschaftlich tätige Verbände von den Regeln aus.

 

Dr. Maximilian Warntjen