Seit Oktober 2020 wurden bislang 27 digitale Gesundheitsanwendungen (DIGA) im DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gelistet. Die gesetzlichen Regelungen sehen vor, dass die DiGA-Hersteller im ersten Jahr den Preis für ihre DiGA selbst bestimmen dürfen. Ab dem 13. Monat wird der Vergütungsbetrag von den Krankenkassen für die DiGA erstattet, den der DiGA-Hersteller zuvor mit dem GKV-Spitzenverband verhandelt hat. Als Grundlage für die Preisbildung dient die sog. Rahmenvereinbarung nach § 134 Abs. 4 SGB V.

Im Zuge der Verhandlungen über die Gestaltung der Rahmenvereinbarung diskutierten der GKV-Spitzenverband und die maßgeblichen Verbände der DiGA-Hersteller intensiv über die Preisgestaltungsregelungen für DiGA. Weil die preisrelevante Frage nach Höchstbeträgen trotz langer Diskussionen streitig blieb, wurde zur Klärung der offenen Punkte die Schiedsstelle angerufen.

Am 16.12.2021 wurde nun die Entscheidung der Schiedsstelle zu den Regelungen in Sachen Höchstbeträge und Schwellenwerte bekannt. Die Entscheidung der Schiedsstelle wird in die Rahmenvereinbarung nach § 134 Abs. 4 SGB V überführt werden.

Mit den Regelungen zu Höchstbeträgen werden DiGA einer gewissen Preisgrenze auch im ersten Jahr ihrer Erstattung unterzogen. Zur Ermittlung von Höchstbeträgen werden die im DiGA-Verzeichnis gelisteten DiGA in miteinander vergleichbare Gruppen eingeteilt. Dafür zuständig ist das noch neu zu gründende Gremium der „gemeinsamen Stelle“. Als vergleichbar gelten DiGA, die der gleichen Indikation/adressierten Patientengruppe angehören (erster Zuordnungsschritt) und die gleiche Art des positiven Versorgungseffekts aufweisen (zweiter Zuordnungsschritt). Maximal können so 34 Gruppen entstehen. Zur Berechnung der Höchstbeträge wird noch einmal unterschieden zwischen kleineren Gruppen mit zwei oder drei DiGA und größeren Gruppen mit vier oder mehr DiGA. Für beide Gruppen gelten jeweils unterschiedliche Berechnungsformeln für die Höchstbeträge.

Gibt es zu einer DiGA keine vergleichbare andere DiGA, wird diese DiGA einer sog. Auffanggruppe zugeordnet. Handelt es sich um eine dauerhaft aufgenommene singuläre DiGA, gilt bei der Preisbildung kein Höchstbetrag. Bei einer singulären Erprobungs-DiGA gilt der tatsächliche Preis als Höchstbetrag bis zur 10.001. Verordnung. Ab dieser Anzahl greift ein Abschlag von 25% auf den tatsächlichen Preis. Erst wenn eine weitere, im DiGA-Verzeichnis aufgenommene DiGA derselben Gruppe zugeordnet wird, erfolgt die Gruppenbildung und ein gruppenspezifischer Höchstbetrag wird berechnet.

Die Höchstbeträge werden auf der Basis von tatsächlichen Tagespreisen berechnet. Der ermittelte gruppenspezifische Tagespreis wird multipliziert mit der Anwendungsdauer der jeweiligen DiGA. Die konkreten Berechnungsmethoden unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um eine kleinere Gruppe von zwei bis drei oder eine größere Gruppe mit mindestens vier DiGA handelt. Die Berechnung erfolgt halbjährlich jeweils mit Wirkung zum 01.04. und 01.10. (Geltungsstichtag). Das Fachgremium (gemeinsame Stelle) führt die Berechnungen auf Basis der bis zum 01.11. des Vorjahres bzw. 01.05. desselben Jahres vorliegenden Daten durch (Berechnungsstichtag).

Der Schiedsspruch sieht auch Ausnahmen von Höchstbeträgen vor. Das ist nach § 3h des Schiedsspruchs z.B. bei DiGA der Fall, die nach ihrer Zweckbestimmung weit überwiegend dazu bestimmt sind, die Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von seltenen Erkrankungen zu unterstützen oder hauptsächlich auf künstlicher Intelligenz (KI) beruhen.

Die von der Schiedsstelle vorgesehenen Schwellenwerte sorgen dafür, dass DiGA-Hersteller, die mit ihrer DiGA unter einem bestimmten Wert bleiben, auch nach dem ersten Jahr ihren selbst gewählten Herstellerpreis weiterhin aufrufen dürfen. Damit ist eine Verhandlung über den Vergütungsbetrag mit dem GKV-Spitzenverband entbehrlich. Auf diese Weise sollen Hersteller mit preisgünstigen DiGA vom aufwändigen Verhandlungsverfahren zum Vergütungsbetrag befreit bleiben. Die Schiedsstelle hat in § 3j kumulativ geltende Bedingungen aufgestellt, die der tatsächliche Herstellerpreis erfüllen muss, um unterhalb des Schwellenwerts liegen zu können.

Als Fazit lässt sich festhalten, dass der Schiedsspruch den DiGA-Herstellern jetzt einen planbaren Rahmen für die Vergütung im ersten Jahr an die Hand gibt. Zwar ist die Schiedsstelle nicht der ursprünglichen Position der DiGA-Herstellerverbände gefolgt, gänzlich auf Regelungen zu Höchstbeträgen zu verzichten, allerdings tragen die festgesetzten Höchstbetragsregelungen dem Umstand Rechnung, dass sich der DiGA-Markt erst noch als Leistungskategorie entwickeln muss. Die Festsetzung von Schwellenwerten bietet DiGA-Herstellern mitunter die Option, eine Verhandlung mit dem GKV-Spitzenverband zu umgehen. Der Großteil der DIGA-Hersteller wird selbstverständlich den Verhandlungsweg zu einem adäquaten Vergütungsbetrag ab dem zweiten Jahr gehen. Das ist dann der letzte Meilenstein in Sachen DiGA-Vergütung.

 

Lisa Zerbe und Constanze Püschel