Die Weitergabe der eigenen Praxis oder eines BAG-Anteils an eine junge Kollegin bzw. einen jungen Kollegen ist immer noch die häufigste Variante, um aus der vertragsärztlichen Versorgung auszuscheiden. Wenn eine passende Person zur Verfügung steht und der Standort erhalten bleiben soll, ist sie das Mittel der Wahl.

Kaufpreis bleibt Kaufpreis und Blaukraut bleibt Blaukraut?
Steht eine geeignete Person für die Nachfolge bereit, geht es ans Verhandeln. Im Fokus: der Kaufpreis und dessen Ermittlung. Praxen sind jedenfalls dann, wenn nicht in letzter Konsequenz doch nur ein Arztsitz gehandelt wird, Unikate. Viele Praxisabgeber tun sich mit der Taxierung schwer. Eine Praxisbewertung nach einer gebräuchlichen Methode kann dann einen (ersten!) Anhaltspunkt bieten. In der Kunstwelt entspräche diese dem Schätzpreis – und dieser ist immer so festgelegt, dass in der Auktion ein höherer Preis erzielt werden sollte. Es ist also nicht abwegig, mit einem Aufschlag in die Verhandlungen zu gehen, und sich in den Verhandlungen begleiten zu lassen. Anwaltliche Expertise hilft unbedingt schon in dieser Phase – zumal die meisten Käuferinnen und Käufer ebenfalls beraten werden. Verhandlungen sind dynamisch und münden, wenn gut gestaltet, in einem win-win.

Das Verfahren vor dem Zulassungsausschuss
Ist unterzeichnet, verzichtet der Abgeber auf seine Zulassung unter der Bedingung der Nachbesetzung. Gegenüber dem Zulassungsausschuss benennt der Abgeber seinen Vertragspartner als Nachfolger („Wunschkandidat“) und der Zulassungsausschuss entscheidet, ob ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt wird. Ist die Entscheidung positiv, schreibt die KV den Vertragsarztsitz öffentlich aus. Innerhalb der in der Ausschreibung genannten Fristen können sich alle Interessenten bewerben. In einer zweiten Sitzung wählt der Zulassungsausschuss aus dem Bewerberfeld einen Nachfolger aus. Der Abgeber übergibt diesem – am besten erst dann, wenn der schriftliche Bescheid des Zulassungsausschusses rechtskräftig ist – seine Praxis. Er geht in den wohlverdienten Ruhestand, der oder die frisch Niedergelassene geht mit der Übergabebestätigung zur KV und holt sich die Praxisstempel ab.

Bei allen Schritten dieses Verfahrens gibt es Dinge zu beachten, dies sind einige davon:

Die richtige Person auswählen
Bei der Auswahl eines Nachfolgers gelten die vier Kriterien: Kaufpreis, Kompetenz, Kollegialität – und Bauchgefühl. Wie die ersten drei gewichtet werden, ist immer Frage des Einzelfalls. Das Bauchgefühl muss stimmen.

Daneben gut ist eine offene Herangehensweise, es findet sich eine Lösung für eigentlich jede Konstellation: Sie sind 24/7 für Ihre Patienten da und finden niemanden, der dieses Konzept weiterführen möchte? Denken Sie flexibel: Eine Zulassung ist hälftig teilbar, warum also nicht zwei statt einen Nachfolger suchen, die die Praxis gemeinsam weiterführen?

Konkurrenten nicht ausblenden
Nicht selten kommt es vor, dass ein Konkurrent des Wunschkandidaten seinen Antrag auch auf kollegiale Bitte hin nicht zurückzieht. Ist der Konkurrent besser qualifiziert, besteht das Risiko, dass der Zulassungsausschuss ihn auswählt. In solch einer Situation muss gut überlegt werden: Soll das Verfahren abgebrochen werden? Das kann im worst case dazu führen, dass die Abgabe um Jahre verschoben werden muss. Sicherer ist es dann, auch mit dem Konkurrenten einen Vertrag durchverhandeln, um nach einer Auswahl nicht um den Kaufpreis streiten zu müssen. Andernfalls droht auch dann, wenn der Ausschuss wunschgemäß entscheidet, eine im schlimmsten Fall jahrelange Verzögerung durch Widerspruchs- und Gerichtsverfahren. Ganz wichtig: Für diesen Fall muss auch schon der Vertrag mit dem Wunschkandidaten Lösungen vorsehen.

In der Ruhe liegt die Kraft - aber nicht immer
Eine koordinierte Praxisnachfolge sollte bestenfalls langfristig geplant werden – allein für die Abwicklung des Verfahrens bei KV und Zulassungsausschuss braucht es zwischen sechs und zwölf Monaten. Davor müssen Interessenten gesucht, mit ihnen verhandelt und eine gemeinsame Übergabestrategie entwickelt werden. Meist verhandelt derjenige am erfolgreichsten, der nicht zeitlich unter Druck steht.

Aber auch an dieser Stelle gilt: Seien Sie flexibel. Nicht selten fahren diejenigen am besten, die bereit sind, sich schnell auf neue Situation einzulassen und entsprechend zu reagieren.

Dr. Thomas Willaschek