Gesetzliche Krankenkassen sind seit einer Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs 2009 öffentliche Auftraggeber. Gleiches gilt für zahlreiche Krankenhäuser. Öffentliche Auftraggeber müssen ab Überschreitung eines bestimmten Schwellenwertes bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen Vergabeverfahren nach den näheren Bestimmungen insbesondere des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) bzw. der Vergabevergabeverordnung (VgV) durchführen.
Im Gesundheitswesen hat sich die Beschaffung der gesetzlichen Krankenkassen im Wege der Vergabe seitdem fest etabliert. Im Wesentlichen betrifft dies Arzneimittelrabattverträge oder Hilfsmittelverträge, aber auch sonstige Selektivverträge wie solche der Besonderen Versorgung. Gerade wenn es um derartige innovativen Konzepte geht, ist eine vergaberechtliche Vorfeldberatung zu den Do´s and Dont´s auch für die betroffenen Leistungserbringer unumgänglich, da Vergaberechtsverstöße auch diese, jedenfalls mittelbar, betreffen können.
Wir beraten sowohl Krankenhäuser bei der Gestaltung von Vergabeverfahren als auch sämtliche Leistungserbringer bzgl. sie betreffender Vergabeverfahren. Wir unterstützen u.a. bei der Abgabe von Angeboten, der Formulierung von Bieterfragen und Rügeschreiben und führen Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern und den nachfolgenden Instanzen.
Neben den formalen Vergabeverfahren im Anwendungsbereich des Vergaberechts ist in den vergangenen Jahren eine vergaberechtliche „Parallelwelt“ in Form sog. open-house-Modelle entstanden. Dabei handelt es sich um Verträge, die allen interessierten Teilnehmern zu gleichen Bedingungen angeboten werden. Hier kam es nach einer Grundsatzentscheidung des EuGH im Jahr 2016, dass derartige Modelle nicht dem formalen Vergaberecht unterfallen, zu weiterer restriktiver Entscheidungspraxis der nationalen Vergabeinstanzen.
Dennoch sehen wir immer wieder open-house-Modelle, bei denen ein gleicher Zugang für alle interessierten Marktteilnehmer fragwürdig erscheint. Hier beraten wir zu den Möglichkeiten eines Vorgehens trotz der bestehenden Einschränkungen, beispielsweise durch gezielte, weiterführende Fragen. Wir prüfen aber stets auch verbleibende Rechtsschutzmöglichkeiten. Darüber hinaus entwickeln wir insbesondere im Arzneimittelrabattvertragsbereich Strategien im Rahmen Krankenkassen-übergreifender open-house-Modelle, bspw. in Loss-of-Exclusivity (LoE)-Situationen.
Schließlich beraten wir intensiv auch zu sozialvergaberechtlichen Neuerungen, zuletzt im Rahmen des Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetzes (ALBVVG), das u.a. Änderungen im Hinblick auf das Erfordernis einer Herstellung in der EU vorsieht.